201623.03.

LG Memmingen: Beweisverwertungsverbot bei Dashcam-Aufzeichnungen, Urteilsanmerkung in ZD

ZD042016In einem aktuellen Urteil hat das Landgericht Memmingen (Urteil vom 14.01.2016 – 22 O 1983/13) entschieden, dass die anlasslose dauerhafte Aufzeichnung des öffentlichen Raums zur Aufklärung von Unfällen oder Sachbeschädigungen nicht mit dem Bundesdatenschutzgesetz zu vereinbaren ist und grundsätzlich ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht.

Für die Zeitschrift für Datenschutz (ZD) habe ich zu dem von RA Matthias Lachenmann (Pauly & Partner) erstrittenen Urteil eine Anmerkung verfasst (ZD 2016, 179).

Mit seinem Urteil schließt sich das LG Memmingen richtigerweise der Rechtsprechung des LG Heilbronn (siehe Blogartikel dazu), VG Ansbach (siehe Blogartikel dazu) und des AG München (siehe Blogartikel dazu) an, die ebenfalls die datenschutzrechtliche Unzulässigkeit von anlasslosen Dashcam-Aufzeichnungen festgestellt haben. Das Gericht bejahte einen Unterlassungsanspruch gegen Fahrer und Halter des Fahrzeuges, in dem die Dashcam befestigt war. Damit stärkt das Gericht die informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen, da es die Interessen der heimlich gefilmten Personen grundsätzlich höher bewertet als das Interesse an der Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten mittels eigens angefertigter Videoaufnahmen.

Zutreffenderweise genügt die bloß theoretische Möglichkeit, dass entsprechende Videoaufzeichnungen für eine Beweisführung erforderlich werden könnten nicht aus, um eine dauerhafte Videoüberwachung des öffentlichen Raums zu rechtfertigen. Eine andere Bewertung würde im Ergebnis dazu führen, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im öffentlichen Raum praktisch aufgegeben wird und der öffentliche Raum anlasslos dauerhaft durch Private überwacht werden könnte.

Grundsätzlich erscheint es zwar denkbar, eine Dashcam rechtskonform zu betreiben. Voraussetzung wäre allerdings eine entsprechende technische Umsetzung durch die Hersteller, die bislang noch auf sich warten lässt. Zulässig sein könnte der Einsatz einer Dashcam etwa, wenn die Aufnahmen so gespeichert werden, dass Sie nur in Einzelfällen über ein 2-Schlüssel-Prinzip ausgelesen werden können (Black-Box Prinzip) und die Daten ansonsten in kurzen Abständen gelöscht werden. Entscheidend bei der rechtlichen Bewertung ist außerdem, dass die Dashcam nicht permantent anlasslos aufzeichnet, sondern wenn, nur anlassbezogen (z.B. bei Nötigung durch andere Verkehrsteilnehmer, Vollbremsung).