201609.02.

AG Potsdam: Unterlassungsanspruch gegen Flugdrohne mit Kamera

In einer aktuellen Entscheidung hat das Amtsgerichts Potsdam (Urteil vom 16. April 2015 – Az. 37 C 454/13) einen Drohnenpilot verurteilt, es zu unterlassen, mit einer Flugdrohne samt Kamera das Grundstück seines Nachbarn zu überfliegen.

Der Kläger ist Alleineigentümer eines Grundstücks, das durch eine hohe Hecke vor Einsicht von den Nachbargrundstücken geschützt ist. Eines Tages im Sommer 2013 verweilte die Lebensgefährtin des Klägers, im Garten lesend auf einer Sonnenliege. Der Beklagte startete zeitgleich eine Flugdrohne von seinem Grundstück aus, die mit einer Kamera ausgestattet war und überflog das Grundstück des Nachbars in ca. 6 Metern Höhe. Dagegen wehrte sich der Grundstückseigentümer zunächst erfolglos außergerichtlich und erhob dann Klage gegen seinen Nachbarn.

In den Entscheidungsgründen begründet das Gericht sein Urteil mit der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers und stützt den Unterlassungsanspruch auf §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB i. V. m. §§ 823 Abs. 1 BGB, Art. 1 Abs. 1 S. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG.

Das Führen der Flugdrohne über das Grundstück der Klägerin unter Übertragung von Bildern in Echtzeit (die Kamera war unstreitig während des gesamten Fluges eingeschaltet), stellt einen Eingriff in das gemäß Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Persönlichkeitsrecht des Klägers in Erscheinungsform des „Rechts auf Privatsphäre“ dar. Hierzu gehört die Integrität eines räumlichen Bereichs, der dazu bestimmt ist, für sich zu sein, zu sich zu kommen, sich zu entspannen oder sich auch gehenlassen zu können. Die Bereiche eines Wohngrundstücks, die von öffentlichen Flächen oder angrenzenden Privatgrundstücken aus nicht einsehbar sind, sind typischerweise Rückzugsorte des jeweiligen Nutzers, weshalb Beobachtungen anderer Personen als Ausspähung das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen

Der Eingriff des Beklagten in die so geschützte Privatsphäre des Klägers ist auch nicht gerechtfertigt. Die Handlungsfreiheit des Beklagten, seine Drohne hobbymäßig herumfliegen zu lassen, hat hinter der geschützten Privatsphäre Dritter zurückzutreten, zumal es genug Flächen und Räume gibt, in denen der Beklagte seinem Hobby nachgehen kann, ohne Dritte zu stören. Zwar wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass wegen der grundsätzlichen Zulässigkeit der Nutzung des bodennahen Luftraums durch Modellflugzeuge und ähnliches gemäß § 1 Abs. 1 LuftVG ein lückenloser Schutz gegen Einsichtnahme bei Grundstücken innerhalb bebauter Gebiete nicht gegeben sein könne, da sich sonst schnell ein Totalverbot für den Drohnennutzer ergebe. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Drohnen sind anders als die in § 1 Abs. 1 LuftVG genannten Flugobjekte mit Kameras ausgestattet. Wenn wie hier ein Grundstück gegen fremde Blicke erkennbar abgeschirmt ist, hat die Handlungsfreiheit in Bezug auf die Ausführung eines solchen „Hobbies“ gegenüber der Privatsphäre zurückzutreten. Es geht hier nicht um ein Flugverbot oder um das Untersagen einer kindlich-unschuldigen Freizeitbeschäftigung wie beispielsweise einen Drachen steigen lassen oder ein Modellflugzeug per Fernbedienung zu steuern, sondern um das Unterlassen einer Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch das Ausspähen mit einer kameraausgestatteten Drohne.