201622.09.

BGH: Scheingebote von Ebay-Verkäufern können Schnäppchenpreise für Käufer auslösen

Mit Urteil vom 24.08.2016 (Az.: VIII ZR 100/15) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass Scheingebote von Ebay-Verkäufern, die diese für ihre eigenen Angebote abgeben, unwirksam sind.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Beklagte ein Auto mit einem Startpreis von 1 € bei Ebay eingestellt. Ein unbekannter Bieter bot zunächst 1 €, der Kläger bot 1,50 €. Der Beklagte, der über einen zweiten Ebay-Account verfügte, überbot den Kläger immer wieder, bis zu einem Betrag von 17.000 €. Auch der Kläger gab ein letztes Gebot von 17.000 € ab, womit er den Beklagten jedoch nicht mehr überbieten konnte. Der Kläger machte geltend, ohne die Scheingebote des Beklagten sei der Kaufvertrag zu 1,50 € zustande kommen. Der Beklagte hatte den PKW inzwischen anderweitig veräußert, weshalb der Kläger mit seiner Klage Schadensersatz in Höhe des Marktwertes des PKW in Höhe von 16.500 € geltend machte.

Die Versuche des Verkäufers, Gebote anderer Ebayer nach oben zu drücken – auch als sog. Shill Bidding bezeichnet – sind nach Ansicht des BGH unwirksam und begründen damit kein Vertragsverhältnis. Die Richter berufen sich dabei auf ihre bisherige Rechtsprechung, nach der sich der Vertragsschluss über eine Online-Auktionsplattform nicht nach § 156 BGB (Versteigerung) richtet, sondern nach den allgemeinen Vorschriften des Vertragsschlusses, insbesondere nach dem Vorliegen von Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB). Nach diesen Vorschriften kann ein Angebot jedoch nur „einem anderen“ gemacht werden. Das von dem Verkäufer eingestellte Angebot richtet sich damit nur an andere Personen, sodass ein Vertragsschluss von vornherein nicht durch Eigengebote des Verkäufers zustande kommen kann.

Da nach dem Gebot des Klägers in Höhe von 1,50 € kein weiteres reguläres Gebot abgegeben wurde, kam der Kaufvertrag über den PKW zwischen Kläger und Beklagtem zu einem Kaufpreis von 1,50 € zustande, so der BGH. Zwar hatte der Kläger bis zu einer Höhe von 17.000 € immer wieder Gebote abgegeben, jedoch seien diese nicht aufgrund anderer regulärer Gebote erfolgt, die er damit überbieten wollte, sondern lediglich durch die Scheingebote des Beklagten hervorgerufen worden. Die Annahmeerklärung des Klägers beziehe sich aber darauf, die regulären Gebote zu überbieten, um so zum Kauf zu kommen. Die einzige danach wirksame Annahmeerklärung des Klägers liege in derjenigen in Höhe von 1,50 €.

Dass der Kläger damit einen Kaufpreis zahle, der weit unter dem Verkehrswert des PKW liege, sei auch nicht sittenwidrig. Bereits in der Vergangenheit entschied der BGH, dass es gerade den Reiz einer Internetauktion ausmache, Gegenstände zu einem „Schnäppchenpreis“ zu erwerben. Zudem beruhe dieser Ausgang der Auktion vor allem auf dem unlauteren Verhalten des Beklagten, der versuchte die Auktion zu manipulieren.

In diesem Zusammenhang ist auch auf eine weitere Entscheidung des BGH vom selben Tag (BGH, Urteil vom 24.08.2016 – VIII ZR 182/15) im Zusammenhang mit sog. „Abbruchjägern“ hinzuweisen. Der BGH hat hier zu erkennen gegeben, dass Bieter, die lediglich das Ziel verfolgen Schadensersatzansprüche bei vorzeitigen Auktionsabbrüchen geltend zu machen, durch ihr Schadensersatzverlangen rechtsmissbräuchlich handeln. Zwar entschied der BGH in der Sache nicht selbst, brachte jedoch zum Ausdruck, dass er keine Rechtfehler an der vorausgegangenen Entscheidung des Landgerichts Görlitz feststellen konnte. Dieses hatte das Verhalten eines Bieters als rechtsmissbräuchlich erachtet, der sich ohne Interesse an der Ware an Auktionen beteiligte hatte, um bei vorzeitigem Abbruch im Wege eines Schadensersatzverlangens Profit zu schlagen.

RA Sebastian Schwiering
Rechtsreferendarin Anna Schwingenheuer