202413.11.

BGH: Urheberrechtliche Unzulässigkeit von Luftbildaufnahmen mittels einer Drohne

Panoramafreiheit und Luftaufnahmen: BGH entscheidet gegen Buchverlag in neuem Urteil I ZR 67/23

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat am 23. Oktober 2024 ein wichtiges Urteil zum Urheberrecht und zur Reichweite der sogenannten „Panoramafreiheit“ gefällt.

Die Panoramafreiheit nach § 59 UrhG erlaubt es, Werke, die dauerhaft im öffentlichen Raum angebracht sind, ohne Zustimmung des Urhebers zu fotografieren oder zu filmen und diese Aufnahmen zu verbreiten. In dem BGH-Urteil ging es um die Frage, ob Drohnenaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken ohne Zustimmung der Urheber veröffentlicht werden dürfen.  Die Verwertungsgesellschaft hatte moniert, die Drohnenaufnahmen seien nicht von der sogenannten Panoramafreiheit gedeckt, und deshalb von dem Buchverlag Lizenzgebühren und Schadensersatz gefordert. Der BGH stützte diese Auffassung und wies die Revision des Buchverlags gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zurück (Az. I ZR 67/23).

Das Urteil des BGH hat weitreichende Konsequenzen für Verlage, Autoren und andere Akteure, die digitale Technologien nutzen. Es verdeutlicht, dass der Einsatz neuer Technologien wie Drohnen die bisherige Auslegung der Panoramafreiheit infrage stellt und die rechtlichen Rahmenbedingungen präzisiert werden müssen.

Im Folgenden werden die Auswirkungen des aktuellen BGH-Urteils zur Panoramafreiheit sowie die rechtlichen Konsequenzen für Urheber und Nutzer beleuchtet. Darüber hinaus erfolgt eine datenschutzrechtliche Bewertung von Drohnenaufnahmen, die insbesondere im Kontext der Panoramafreiheit und des Schutzes personenbezogener Daten eine immer größere Rolle spielen. Hierbei wird untersucht, inwieweit Drohnenaufnahmen mit den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vereinbar sind und welche rechtlichen Risiken für Betreiber bestehen.

Sachverhalt und Ausgangspunkt des Rechtsstreits

Die Klägerin, eine Verwertungsgesellschaft für Werke der bildenden Kunst, vertrat die Rechte verschiedener Künstler, deren Kunstinstallationen sich auf Abraumhalden im Ruhrgebiet befinden. Die Beklagte, ein Buchverlag, veröffentlichte in einem Buch Bilder über diese Abraumhalden unter Verwendung von Drohnenaufnahmen der Kunstwerke. Die Klägerin hielt diese Luftbildaufnahmen für urheberrechtswidrig, da die Drohnenaufnahmen nicht von der Panoramafreiheit gedeckt seien.

Entscheidung des BGH

In der vorliegenden Entscheidung hat der BGH die Anwendung der Panoramafreiheit auf Drohnenaufnahmen verneint. Der BGH betonte, dass § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG die Nutzung nur erlaubt, wenn die Werke als Teil des „für die Allgemeinheit sichtbaren Straßen- oder Landschaftsbildes“ angesehen werden können. Drohnenaufnahmen, die aus einer Perspektive gemacht werden, die der Allgemeinheit üblicherweise nicht zugänglich ist, fallen nach Auffassung des BGH nicht in diesen Schutzbereich.

Weiter argumentiert der BGH, dass die Nutzung der Drohnenaufnahmen die wirtschaftlichen Interessen der Urheber verletze und somit ein Eingriff in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht nach §§ 16, 17 UrhG vorliege. Die Drohnenaufnahmen ermöglichten eine Perspektive, die die Werke nicht in dem für die Panoramafreiheit erforderlichen Sinne „öffentlich“ wiedergebe.

Europarechtliche Dimension und Schranken des Art. 5 Abs. 3 lit. h der Richtlinie 2001/29/EG

Der BGH hat seine Auslegung auch auf unionsrechtliche Vorgaben gestützt, insbesondere auf Art. 5 Abs. 3 lit. h der Richtlinie 2001/29/EG. Diese Regelung sieht Ausnahmen für Werke vor, die an öffentlichen Orten dauerhaft aufgestellt sind. Das Gericht wies darauf hin, dass die Schrankenregelung bewusst eng auszulegen sei, um eine unangemessene Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der Urheber zu vermeiden. Drohnenaufnahmen böten eine Perspektive, die weit über das hinausgehe, was der Gesetzgeber ursprünglich unter „öffentlichen“ Ansichten verstanden habe, und könnten die normale Verwertung der Werke beeinträchtigen.

Rechtliche und praktische Konsequenzen

Das Urteil des BGH zeigt die Grenzen der Panoramafreiheit auf und sendet ein starkes Signal: Der Einsatz von Drohnen zur Aufnahme geschützter Werke ist urheberrechtlich nicht ohne Weiteres zulässig. Urheber und ihre Verwertungsgesellschaften haben damit ein starkes Argument, gegen unerlaubte Luftaufnahmen ihrer Werke vorzugehen und Unterlassungs- oder Schadensersatzansprüche gemäß § 97 UrhG geltend zu machen.

Datenschutz und Drohnenaufnahmen: Rechtliche Würdigung

Neben den rechtlichen Herausforderungen, die das jüngste BGH-Urteil aufzeigt, sind auch datenschutzrechtliche Aspekte zu berücksichtigen. Mit Kameras ausgestattete Drohnen erfassen häufig personenbezogene Daten wie Gesichter, Autokennzeichen oder andere identifizierende Merkmale und fallen daher unter die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Bildaufnahmen durch Drohnen gelten als Verarbeitung personenbezogener Daten, wenn auf ihnen natürliche Personen identifiziert oder identifizierbar sind (Art. 4 Nr. 1 DSGVO). Dies betrifft insbesondere hochauflösende Aufnahmen, auf denen Personen klar zu erkennen sind. Nicht erfasst sind hingegen reine Landschaftsaufnahmen oder unscharfe Bilder, auf denen keine Personen identifiziert werden können.

Die DSGVO findet keine Anwendung, wenn Drohnenaufnahmen ausschließlich für persönliche oder familiäre Zwecke erstellt werden (Art. 2 Abs. 2 lit. c DSGVO). Diese sogenannte Haushaltsausnahme greift jedoch nicht, wenn die Bilder über den privaten Rahmen hinaus genutzt werden, beispielsweise durch Veröffentlichung im Internet.

Für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch Drohnenaufnahmen kann eine Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) oder ein berechtigtes Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) als Rechtsgrundlage dienen. Letzteres bedarf einer sorgfältigen Abwägung der Interessen des Drohnennutzers gegenüber den Rechten der Betroffenen.

Bei der Anfertigung und Veröffentlichung von Bildaufnahmen ist stets eine Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht, insbesondere dem Recht am eigenen Bild gemäß § 22 Kunsturhebergesetz (KUG), und dem Interesse an der Herstellung sowie Veröffentlichung der Aufnahme vorzunehmen. Der gesetzliche Grundsatz des § 22 KUG lautet: Die Veröffentlichung eines Bildnisses ohne Einwilligung der abgebildeten Person ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Für Drohnenpiloten bedeutet dies, dass sie sich im Rahmen der Herstellung von Aufnahmen an diesen Grundsatz halten und stets eine Einwilligung einholen sollten, sofern keine Ausnahme nach § 23 KUG einschlägig ist.

Dies gilt gleichermaßen für den Überflug fremder Grundstücke, der ohne die vorherige Einwilligung des Eigentümers oder des Berechtigten nicht gestattet ist. Ein solcher Überflug stellt einen Eingriff in das Eigentum gemäß § 903 BGB dar und kann unter Umständen einen Unterlassungsanspruch begründen. In diesem Zusammenhang hat das Amtsgericht Riesa mit Urteil vom 24. April 2019 (Az. 9 Cs 926 Js 3044/19) entschieden, dass ein Grundstückseigentümer, der eine unbefugt über sein Grundstück fliegende Drohne mit einem Luftgewehr abschoss, sich auf das Notwehrrecht gemäß § 228 BGB berufen konnte. Das Gericht führte aus, dass der Abschuss als angemessene Abwehrmaßnahme zur Verhinderung einer fortgesetzten rechtswidrigen Beeinträchtigung seines Eigentums zu werten war.

Ein häufig diskutierter Punkt ist die Erfüllung der Informationspflichten gemäß Art. 13 und 14 DSGVO. Diese sind bei Drohnenaufnahmen oft schwer umzusetzen, da Betroffene möglicherweise nicht erkennen können, wer für die Datenverarbeitung verantwortlich ist.

Konsequenzen bei Verstößen

Ein rechtswidriger Drohneneinsatz kann weitreichende Folgen haben. Neben Beschwerden bei Aufsichtsbehörden (Art. 77 DSGVO) drohen zivilrechtliche Abwehransprüche sowie strafrechtliche Konsequenzen, etwa bei der unbefugten Aufnahme von Gesprächen (§ 201 StGB) oder höchstpersönlichen Lebensbereichen (§ 201a StGB).

Fazit

Die Nutzung von Drohnen erfordert nicht nur eine urheberrechtliche, sondern auch eine datenschutzrechtliche Bewertung.

Wir unterstützen Sie gerne dabei, Ihre Drohnenprojekte rechtskonform zu gestalten. Unsere Experten stehen Ihnen bei der Planung und Umsetzung zur Seite, um sowohl urheber- als auch datenschutzrechtliche Risiken zu minimieren. Sprechen Sie uns an – wir entwickeln gemeinsam maßgeschneiderte Lösungen für Ihre individuellen Anforderungen.

Haben Sie noch Fragen? Gerne unterstützen wir Sie bei der Planung und Umsetzung Ihrer Vorhaben im Bereich der Drohnenfotografie und anderen datenschutzrelevanten Themen.

Sprechen Sie uns an!

RA Sebastian Schwiering
Wissenschaftliche Mitarbeiter Amal Albogha & Jamal Lale