201631.08.

BGH: Online-Verkäufer trifft Überwachungs- und Prüfungspflicht – Haftung für nicht selbst gemachte Angebotsangaben

Aus zwei aktuellen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geht hervor, dass Online-Händler, die ihre Produkte beispielsweise auf Amazon-Marketplace anbieten, auch für solche Angaben haften, die sie nicht selbst gemacht haben (BGH, Urteil vom 03.03.2016 – I ZR 110/15; I ZR 140/14). Die Händler trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht, nach der sie ihre Angebote regelmäßig auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen durch Dritte zu überprüfen haben.

In dem ersten Fall bot ein Händler auf Amazon eine Armbanduhr für 19,90 Euro an. Neben dem Kaufpreis stand ein als “unverbindliche Preisempfehlung” durchgestrichener Preis von 39,90 Euro. Darunter fand sich zudem der Hinweis “Sie sparen: EUR 20,00 (50%)”. Diese Angaben stammten jedoch nicht von dem Händler, sondern von Amazon.

Der Händler wurde von einem Mitbewerber zunächst anwaltlich abgemahnt und dann verklagt, da es sich bei der Uhr um ein Auslaufmodell handelte, das in den Preislisten des Fachhandels nicht mehr geführt wurde und der Verbraucher durch die Angebotsformulierung daher in die Irre geführt wurde.

Zu der Haftung des Händlers für diese Angaben führte der BGH aus:

„Ein Händler, der auf einer Internet-Handelsplattform in seinem Namen ein Verkaufsangebot veröffentlichen lässt, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrscht, weil dem Plattformbetreiber die Angabe und Änderung der unverbindlichen Preisempfehlung vorbehalten ist, haftet als Täter für den infolge unzutreffender Angabe der Preisempfehlung irreführenden Inhalt seines Angebots.“

In diesem Zusammenhang stellt der BGH in dem zweiten Urteil Pflichten fest, die einen Online-Händler bezüglich der von ihm eingestellten Angebote treffen. Bei Einstellen eines Angebots durch einen Händler auf Amazon ist zu beachten, dass es für andere Händler mit gleichen Produkten grundsätzlich möglich ist, sich an das bestehende Angebot „anzuhängen“. Diese Händler können sodann die Angaben zu dem ursprünglichen Angebot bearbeiten und verändern. Dazu hat der BGH festgestellt:

„Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft eine Überwachungs- und Prüfungspflicht auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen ihrer Angebote, die selbständig von Dritten vorgenommen werden, wenn der Plattformbetreiber derartige Angebotsänderungen zulässt.“

Immer wieder stellen sich in diesem Rahmen auch Probleme im Bereich des Markenrechts. So hatte in diesem zweiten vom BGH zu entscheidenden Fall ein unbekannter Nutzer zu einer angebotenen Computermaus einen falschen Markennamen geschrieben. Dagegen wehrte sich der Markeninhaber mit einer Klage und hatte Erfolg.

Neben der offensichtlichsten Pflicht des Händlers, gegenüber seinen Kunden wahrheitsgetreue Angaben über die angebotenen Produkte zu machen, und der Haftung bei eigenen falschen Angaben, bestehen demnach auch Pflichten bezüglich fremder Angaben im Rahmen des eigenen Angebots. Es können insoweit auch wettbewerbsrechtliche und markenrechtliche Verstöße vorliegen, sodass die Pflicht zur regelmäßigen Überprüfung der Angebote und ggf. der eigenen AGB beachtet werden sollte.

RA Sebastian Schwiering
Rechtsreferendarin Anna Schwingenheuer