201511.03.

Lizenzverträge mit Großkunden verhandeln – aus der Beratungspraxis

Viele kleine und mittelständische Unternehmen sind stark abhängig von Aufträgen und Ausschreibungen, die von Großunternehmen vergeben werden. Gerade wenn es um IT- oder technologieverwandte Produkte geht, spielen hierbei Lizenzen eine zentrale Rolle. Es kann sich dabei sowohl um Softwarelizenzen als auch um Nutzungsrechte für urheberrechtlich, markenrechtlich oder patentrechtlich geschützte Werke handeln.

In Verhandlungen treten aus Anwaltssicht immer wieder die gleichen Fragestellungen auf. Großkunden versuchen in der Regel eine umfangreiche Übertragung von Nutzungsrechten aufzuzwingen. Hier gilt jedoch besondere Vorsicht, sowohl aus Sicht des Lieferanten als auch aus Sicht des Kunden. Denn was in anderen Bereichen selbstverständlich ist, ist hier oft nur auf den zweiten Blick als Problem zu erkennen: Man kann als Lieferant nicht mehr Rechte übertragen, als man selber hat.

Daher sollten aus Anwaltssicht immer dann die Alarmglocken läuten, wenn in einer Ausschreibung oder in einem Vertrag die Übertragung eines „ausschließlichen“ oder eines „inhaltlich unbeschränkten“ Nutzungsrechts gefordert wird.

Oft enthalten die eigenen Produkte nicht ausschließlich Eigenentwicklungen. Ein banales Beispiel hierfür sind Anbieter technischer Systeme und Anlagen. Regelmäßig beinhalten solche Produkte auch Standardsoftware von Dritten, zum Beispiel wenn es um Betriebssysteme, Datenbanken oder User-Interfaces geht.

Wenn der Kunde nun eine Übertragung einer Lizenz am finalisierten Endprodukt fordert, dann kann im Hinblick auf die enthaltene Drittanbietersoftware nur so viel an Nutzungsrechten übertragen werden, wie der Lieferant selbst von diesem Dritten erworben hat. Hier ist auch allgemein sicherzustellen, dass diese Nutzungsrechte überhaupt an den Kunden übertragen werden dürfen. Auch kann es sein, dass bei der Übertragung Besonderheiten aus den Lizenzbedingungen zu beachten sind.

Diese Grundsätze gelten nicht nur für Software sondern auch regelmäßig bei Hardware Produkten. Vom Mobiltelefon bis zur Industrieanlage enthalten technische Produkte in der Regel patentrechtlich geschützte Komponenten von Dritten. Hier ist gerade bei individuell maßgeschneiderten Produkten stets zu beachten, dass sämtliche Vorgaben und Lizenzbedingungen der ursprünglichen Rechteinhaber streng eingehalten werden müssen. Diese könnten zum Beispiel fordern, dass Produkte nur in einem bestimmten Kontext oder nur in einem begrenzten Umfang genutzt werden. Technologielizenzverträge in der Industrie bestimmen in der Regel unter anderem, was genau und wieviel mit der lizenzierten Technologie hergestellt oder bearbeitet werden darf. Hiervon kann die Lizenzgebühr abhängig sein.

In jedem Fall kann ein Lieferant nie mehr an Nutzungsrechten versprechen oder verschaffen, als er selber erworben hat. Daher muss, egal wie stark oder schwach die Verhandlungsposition des Lieferanten ist, dieser immer die Lizenzbedingungen genau prüfen und einen angemessenen Umfang vorgeben. Letztlich ist dies auch im Interesse des Kunden. Denn der Lieferant kann keine Rechte einräumen, die er nicht besitzt. Der Kunde muss sich aber darauf verlassen können, dass er den genauen Umfang seiner Nutzungsrechte kennt. Nur so kann sich auch der Kunde vor Ansprüchen Dritter schützen.