201608.03.

Livestream der Ferienwohnung mit Außenwebcam unzulässig (VG Schwerin)

In einem datenschutzrechtlich sehr lesenwerten Beschluss hat sich das Verwaltungsgericht Schwerin (Beschluss vom 18. Juni 2015 · Az. 6 B 1637/15 SN) mit der Videoüberwächung von öffentlichen Räumen mittels einer Webcam samt Livestreaming befasst.

Der Eigentümer einer Ferienwohnung hatte zur Bewerbung des Objekts zwei Webcams im Außenbereich angebracht, inkl. permanentem Livestream ins Internet. Die Aufsichtsbehörde gab dem Eigentümer auf, die Webcams so einzustellen,

1. dass im vorderen Bereich der Webcams der Fahrradweg und die Strand-Promenade nicht mehr beobachtet werden und nicht von der Videoüberwachung erfasst werden und

2. dass im hinteren Bereich der Webcams am Strand und im Bootshafen / Marina … keine Personen erkennbar und zu identifizieren sind.

Der Eigentümer beantragte die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das VG lehnte den Antrag ab und begründet die Entscheidung sehr ausführlich mit lesenswerten datenschutzrechtlichen Ausführungen u.a. zur:

    • Definition von personenbezogenen Daten,
    • Einwilligung nach § 4a BDSG,
    • Auslegung des „Beobachtens“ im Sinne des § 6b Abs. 1 BDSG,
    • Feststellung, dass §6b BDSG auch anwendbar ist, wenn die Erfassung von Personen lediglich eine (unvermeidliche) Nebenfolge ist und zur
    • Interessenabwägung des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG.

Das Gericht begründet die Entscheidung i.E. wie folgt:

Im vorliegenden Fall [sind] ganz erhebliche Anhaltspunkte für ein Überwiegen der schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung (Beobachtung unter Ermöglichung des gleichzeitigen Abrufs über das Internet) betroffenen Personen gegeben. Bildaufnahmen stellen grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar. Insbesondere kann hier nicht angenommen werden, dass der Auflösungsgrad der Bilder keine Bestimmbarkeit von Personen zulässt. Hinzu kommt, dass die erfassten Ausschnitte in ihrer Summe einen erheblichen Bereich der betroffenen Örtlichkeiten abdecken. Der Antragsteller filmt das gesamte Geschehen in den betroffenen öffentlich zugänglichen Bereichen zudem permanent. Die großflächige und dauerhafte Beobachtung stellt schon für sich genommen einen schwerwiegenden Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, weil dadurch eine sehr große Zahl von Personen in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen wird. Aufgezeichnet wird insbesondere, wann ein Betroffener sich allein oder in welcher Begleitung in den betreffenden Bereich bewegt oder aufgehalten hat. Erheblich verstärkt werden diese Eingriffe dadurch, dass zugleich die Abrufbarkeit der Aufzeichnungen über das Internet ermöglicht wird, so dass es sogar weltweit beliebigen Dritten überlassen bleibt, wie diese mit den Videoaufnahmen verfahren, insbesondere im welchem Umfang sie diese verfolgen oder sogar auswerten, speichern, weiterverarbeiten, ohne dass die Betroffenen etwas darüber erfahren.