201606.01.

BGH: Haftung für Hyperlinks

In einer Entscheidung aus dem Sommer 2015 (Urteil vom 18.06.2015, Az.: I ZR 74/14), deren Entscheidungsgründe erst heute im Volltext veröffentlicht wurden, hatte sich der Bundesgrichtshof mit der Frage zu befassen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Haftung für Hyperlinks besteht, wenn die verlinkten Inhalte Rechtsverletzungen enthalten.

In den Leitsätzen führt der BGH aus:

Wer sich fremde Informationen zu Eigen macht, auf die er mit Hilfe eines Hyperlinks verweist, haftet dafür wie für eigene Informationen. Darüber hinaus kann, wer seinen Internetauftritt durch einen elektronischen Verweis mit wettbewerbswidrigen Inhalten auf den Internetseiten eines Dritten verknüpft, im Fall der Verletzung absoluter Rechte als Störer und im Fall der Verletzung sonstiger wettbewerbsrechtlich geschützter Interessen aufgrund der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Anspruch genommen werden, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. (Leitsatz b)
Maßgeblich für die Frage, ob sich der Unternehmer mit seinem eigenen Internetauftritt verlinkte Inhalte zu Eigen macht, ist nach Ansicht des BGH die objektive Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller Umstände. (Rn. 13) Im streitgegenständlichen Fall hat der BGH dem Umstand entscheidende Bedeutung zugemessen, dass es sich bei der Verlinkung nicht um einen Deeplink handelte, der direkt zu allen oder einzelnen der vom Kläger beanstandeten Aussagen führte, sondern lediglich um einen Link zur Startseite der entsprechenden Internetseite (Rn. 19). Man sollte allerdings vorsichtig sein, daraus den Schluss zu ziehen, dass ein Zueigenmachen bei einem Deeplink grundsätzlich anzunehmen ist.

Sofern kein Zueigenmachen vorliegt und die Inhalte nicht “erkennbar rechtswidrig” sind, wobei sich hier unmittelbar die Frage stellt, welche Anforderungen an eine solche Bewertung durch den Internetseitenbetreiber gestellt werden können, gibt der BGH folgendes vor:
Ist ein rechtsverletzender Inhalt der verlinkten Internetseite nicht deutlich erkennbar, haftet derjenige, der den Link setzt, für solche Inhalte grundsätzlich erst, wenn er von der Rechtswidrigkeit der Inhalte selbst oder durch Dritte Kenntnis erlangt, sofern er sich den Inhalt nicht zu eigen gemacht hat. (Leitsatz c)
Schließlich äußert sich der BGH unberuhigend zur Prüfungspflicht:
Der Unternehmer, der den Hyperlink setzt, ist bei einem Hinweis auf Rechtsverletzungen auf der verlinkten Internetseite zur Prüfung verpflichtet, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um eine klare Rechtsverletzung handelt. (Leitsatz d)
Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine pauschale Di­s­tan­zie­rung von verlinkten Inhalten, wie sie auf sehr vielen Internetangeboten zu finden ist, wie auch schon vor der Entscheidung, rechtlich absolut wirkungslos ist.